Transnationale Formen des Rechtsextremismus am Beispiel der Ülkücü-Bewegung
Im Teilprojekt ReTra soll mehr über Ideologie, Struktur und Aktivitäten der sog. Grauen Wölfe in Bayern sowie über deren Verflechtungen bis in die Türkei in Erfahrung gebracht werden. Neben der Akteur:innenkonstellation werden Kontexte auf lokaler Ebene untersucht. Welche Bedingungen führen zu einer Normalisierung der extremen Rechten mit Türkeibezug, welche Rolle spielen dabei verschiedene staatliche Akteur:innen, welche Gegenstrategien gibt es?
Außer dem so genannten Wolfsgruß ist über die „Grauen Wölfe“ wenig bekannt. Das nutzen sie geschickt, um sich als demokratische Selbstorganisationen auszugeben. Ansonsten fallen die „Grauen Wölfe“ im Alltag kaum auf, obwohl es in Bayern laut bayerischem Verfassungsschutz über 1.150 Aktive gibt.
Wir arbeiten mit einer systematischen Diskurs- und Inhaltsanalyse und weiteren Ansätzen heraus, welche Narrative und welche Struktur die sog. Grauen Wölfe in Bayern haben. So können Aussagen über Bedrohungspotentiale gemacht und Maßnahmen entwickelt werden, die ihren Aktionsradius schmälern.
Die Arbeit ist ein Beitrag zur Forschung über transnationale Formen des Rechtsextremismus. Wir wissen, dass sich extrem rechte Gruppierungen personell, finanziell und ideologisch über Landesgrenzen hinweg vernetzen. Die Konstruktion von Nationalstaaten als in sich geschlossene Einheiten sind zwar für die Ideologie der extremen Rechten tragend, nicht jedoch für ihre Strategien und Handlungslogiken. Am Beispiel der Ülkücü-Bewegung werden ebendiese transnationalen Phänomene in den Blick genommen und wiederum fruchtbar für die Analyse von Rechtsextremismus gemacht.
Die Forschungsarbeit wird von einer Begleitgruppe unterstützt. Dies sind zivilgesellschaftlich engagierte Personen, die sich mit der Ülkücü-Bewegung beschäftigen. Zudem wurde im Teilprojekt ein Netzwerk von Wissenschaftler:innen aufgebaut, mit dem die Entwicklungen diskutiert werden.
Was sind die Begleitgruppen des Projekts?
- Zivilgesellschaftliche Begleitgruppe
Die Begleitgruppe besteht aus zivilgesellschaftlichen Akteur:innen, die sich bereits gegen extrem rechte Strukturen mit Türkeibezug engagieren. Im Sinne des partizipativen Ansatzes begleitet die Gruppe das Projekt als Co-Forschende, liefert wichtige lokale Expertisen, bündelt Wissen und ermöglicht einen Transfer von Praxiswissen in die Forschung und umgekehrt. Es werden soziale, politische und organisationale Kontexte und Forschungsschwerpunkte reflektiert, kommentiert und dadurch nachhaltig beeinflusst. Durch diese Zusammenarbeit gewinnt das Projekt nicht nur an Legitimation und Akzeptanz, sondern auch an Relevanz, Transparenz sowie Qualität. Denn die lokale Zivilgesellschaft wird aktiviert und ihre Mitgestaltungskraft ernst genommen, wodurch der Projektverlauf, Schwerpunkte und relevante Fragen geschärft werden können.
- Wissenschaftliche Begleitgruppe
Das Netzwerk setzt sich aus zehn Wissenschaftler:innen zusammen und bringt Expertisen aus der Migrations- und Rechtsextremismusforschung ein. Disziplinübergreifende Erkenntnisse über die Ülkücü-Bewegung werden gebündelt, um daraus praxisorientierte Empfehlungen für Fachkräfte zu entwickeln. Darüber hinaus ermöglicht das Netzwerk eine Einbindung in aktuelle wissenschaftliche Diskurse zur Ülkücü Bewegung. Interdisziplinärer Austausch, kritische Kommentierung, gemeinsame Reflexion und Diskussion von Zwischenergebnissen tragen zur Qualitätssicherung bei. Das entstandene Beziehungsgeflecht soll über das Projektende hinaus aufrechterhalten werden, um an den Themen nachhaltig weiterarbeiten zu können.
Civan Akbulut
- Civan Akbulut ist Mitbegründer und Vorsitzender der Informationsstelle Antikurdischer Rassismus – IAKR und arbeitet zu den Themen türkischer Nationalismus, Islamismus und antikurdischen Rassismus. Er ist im Vorstand und Mitglied des Integrationsrat Essen sowie Ko-Vorsitzender des Kurdischen Studierendennetzwerks Düsseldorf. Akbulut gilt als eine der zentralen Stimmen und ausgewiesener Experte im Kampf gegen türkischen Rechtsextremismus und antikurdischen Rassismus in Deutschland.
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Aktuelle Publikationen:
Akbulut, Civan (2024): Monopol DITIB, eine unterschätzte Gefahr. In: Jasim, Dastan/ Dağdeviren, Dersim/ Ameer, Tahera/ Rahner, Judith/ Lochau, Lea (Hrsg): Doppelt unsichtbar – Innermigrantischer Rassismus in Deutschland und die organisierte türkische Rechte. Berlin/Dortmund: Amadeu Antonio Stiftung/ Kurd-Akad. Netzwerk kurdischer AkademikerInnen e. V., S. 7-18.
Akbulut, Civan (2024): Belgien: Jagd auf Kurd*innen. analyse & kritik: Zeitung für linke Debatte und Praxis. Link.
Prof. Dr. Emre Arslan
- Prof. Dr. Emre Arslan ist Politikwissenschaftler und Soziologe. Er lehrt als Professor im Fachbereich Sozialwissenschaften an der IU Internationalen Hochschule in Köln. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Rassismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Bildungssoziologie und Theorien sozialer Ungleichheit. Der prägnante Begriff „Pax-Rassismus“ geht auf seine soziologische Analyse des Rassismus zurück. In deren Ergebnis zeigt Arslan, dass die hegemoniale Form des Rassismus eine friedliche ist. Gleichzeitig liefert er damit ein theoretisches Instrumentarium für Rassismuskritik sowie für Bildungs- und Migrationspolitik.
E-Mail: emre.arslan@iu.org
Aktuelle Publikationen:
Arslan, Emre; Bozay, Kemal (Hrsg.) (2025): Symbolische Ordnung und Rassismuskritik. Wiesbaden: Springer VS [i.E.].
Arslan, Emre (2024): Pax-Rassismus – Eine Sozioanalyse zur integrativen Abwertung des migrantischen Subjekts. Frankfurt/New York: Campus Verlag.
Dr. Yaşar Aydın
- Dr. Yaşar Aydın ist Wissenschaftler am Centrum für angewandte Türkeistudien (CATS) der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Er forscht in den Bereichen Internationale Politik, Türkei, Migrations- und Asylpolitik. Seine Schwerpunkte liegen auf den Beziehungen zwischen der EU, Deutschland und der Türkei, türkischer Migration und Diaspora in Deutschland, Wirtschaft der Türkei und Zollunion, Internationaler Politik sowie Geopolitik. Yaşar Aydın analysiert Themen wie Systemrivalitäten, Sicherheits- und Entwicklungspolitik, aber auch nicht-staatliche Gewalt.
Aktuelle Publikationen:
Aydın, Yaşar (2025): Industrie- und Lieferkettenpolitik der Türkei – Ziele und Perspektiven für deutsch-türkische Wirtschaftskooperation und die bilateralen Beziehungen. SWP-Studie 11, Juli 2025, Berlin.
Aydın, Yaşar (2025): Die Türkei auf dem Weg zur Autokratie – Wirtschaftliche Folgen und Handlungsmöglichkeiten der EU und Deutschlands. SWP-Aktuell 17/2025, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). German Institute for International and Security Affairs.
Özge Erdoğan
- Özge Erdoğan ist Leiterin der Fachstelle Türkischer Rechtsextremismus (FaTRex), beim Bund der Alevitischen Jugendlichen in Deutschland e.V. (BDAJ). Die Fachstelle dient dazu, türkische rechtsextreme Ideologien offenzulegen, zu analysieren, Präventionsarbeit zu leisten und füllt damit eine Lücke in der Rechtsextremismusprävention. Neben der Leitung und Qualitätsentwicklung der Fachstelle engagiert sich Özge Erdoğan auch in der Bildungs- und Sensibilisierungsarbeit.
Weiterführende Links:
– www.fatrex.de
– https://www.linkedin.com/company/fachstelle-t%C3%BCrkischer-rechtsextremismus/
– https://www.instagram.com/fachstelle.trex/
Aktuelle Publikationen:
Erdoğan, Özge/ Güler, Kamer (2022) (Hrsg.): Antimuslimischen Rassismus ernst nehmen, Kritik an muslimischen Organisationen zulassen. dieumweltdruckerei.de
Dr. Dastan Jasim
- Dr. Dastan Jasim ist Politikwissenschaftlerin und Associate Fellow am GIGA Institut für Nahost-Studien mit Kurdistan, Irak, Iran, Syrien und Türkei als Schwerpunktländer. Ihre Forschungsgebiete umfassen politische Verantwortlichkeit und Partizipation, kurdische Studien, Demokratieforschung sowie Sicherheitspolitik in und um Kurdistan. Sie engagiert sich öffentlich in Medien wie bspw. im Podcast „Über Israel und Palästina sprechen: Spezialfolge – Syrien im Fokus” von April 2025.
Aktuelle Publikationen:
Jasim, Dastan (2025): Die Kurden in Syrien. APuZ.
Jasim, Dastan (2024): Fixers, Fieldwork, and Precarity: The Postcoloniality of Western Fieldwork on ISIS in Kurdistan. South Atlantic Quarterly, 123 (4), S. 755–777.
Ismail Küpeli
- Dr. Ismail Küpeli ist Politikwissenschaftler und Projektkoordinator im Projekt „Dersim 1937/38“ an der Ruhr-Universität Bochum. Im Zuge des Projektes werden Videointerviews mit Betroffenen der staatlichen Gewalt während der sogenannten Dersim Massaker aufgearbeitet und veröffentlicht. Im Jahr 2022 veröffentlichte Ismail Küpeli seine Dissertation mit dem Titel: „Die kurdische Frage in der Türkei – Über die gewaltsame Durchsetzung von Nationalstaatlichkeit“. Er forscht zu Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus in Deutschland und in der Türkei.
Aktuelle Publikationen:
Küpeli, Ismail (2025): Graue Wölfe – Türkischer Rechtsextremismus in Deutschland. Münster: Unrast.
Küpeli, Ismail (2023): Verschwörungsnarrative im türkischen Nationalismus. Akteur:innen der türkisch-islamischen Ideologie in Deutschland und ihre Rolle für den antiarmenischen Rassismus und Antisemitismus. Aachen: CARS.
Weitere Informationen zu Dr. Ismail Küpeli: https://ismail-kuepeli.de/ (Link zur eigenen Website)
Prof. Dr. Ahmet Toprak
- Prof. Dr. Ahmet Toprak ist Erziehungswissenschaftler und Professor für Angewandte Sozialwissenschaften an der Fachhochschule in Dortmund. In seiner Lehre und Forschung widmet er sich der interkulturellen Pädagogik, Gewaltprävention und der Geschlechterforschung, insbesondere muslimischen Männlichkeitsbildern. Zusätzlich beschäftigt er sich mit der Situation deutsch-türkischer Familien in Deutschland und forscht zu Beratungsarbeit mit jungen Männern.
Homepage Ahmet Toprak: Prof.Dr.AhmetToprak
Aktuelle Publikationen:
Toprak, Ahmet (2025): Toxische Männlichkeitsbilder in muslimischen Milieus. Gießen: Psychosozial-Verlag.
Toprak, Ahmet (2024): Haben wir es geschafft? Fluchtursachen, Migration, Integration. Freiburg: Lambertus.
Toprak, Ahmet /Akkus, Umut (2024): Salafismus: Präventionswissen für die Interkulturelle Sozialarbeit. Stuttgart: Kohlhammer.
Prof. Dr. Erol Yıldız
- Prof. Dr. Erol Yıldız ist Soziologe und Inhaber des Lehrstuhls Migration und Bildung am Institut für Erziehungswissenschaften an der Universität Innsbruck. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen auf Migration, (interkultureller) Bildung sowie Urbanität, (kritische) Migrationsforschung, Postmigration und qualitativer Forschungsmethoden. Zudem beschäftigt er sich mit dem muslimischen Leben in Österreich und hat sich intensiv mit der urbanen Realität von Jugendlichen mit Migrationsbiographie beschäftigt.
Aktuelle Publikationen:
Erol, Yıldız (2025): Postmigrantisch denken – Heimisch in einer globalisierten Gesellschaft. Bielefeld: transcript.
Ednan, Aslan/ Erol, Yıldız (2024): Muslim Religiosity in the Digital Transformation. How young people deal with images of Islam in the media. Wiesbaden: Springer Verlag.
Vergangene Vorträge
22. Juli 2025, Nürnberg (Rabia Kökten): „Transnationale Formen von Rechtsextremismus“, Institut für Pädagogik und Schulpsychologie Nürnberg (IPSN).
17. und 18. Juli 2025, Regensburg: nicht öffentliche Tagung mit Beteiligten vom Wissenschaftsnetzwerks zur Diskussion des Working Papers von Rabia Kökten.
17. Juli 2025, Regensburg: Worldcafé “Offene Tische gegen geschlossene Weltbilder – ein Worldcafé zu den Grauen Wölfen“, OTH Regensburg mit Beteiligten des Wissenschaftsnetzwerk des Projekts.
23. Oktober 2024, Regensburg: Vortrag beim „Runden Tisch Radikalisierungsprävention“, evangelisches Bildungswerk Regensburg.